(Murks; 01-06; S.2)
Ein neues Programm – und eine Analyse
Anfang 2006 hat die deutsche Regierung begonnen,
daran zu arbeiten, dass Gesundheitswesen zu reformieren. So genannte
"Eckpunkte",
in denen die politischen Ziele festgelegt worden sind, sind im
Juli veröffentlicht worden. Im folgenden werden sie kurz zusammengefasst
und analysiert.
Auf der Ausgabenseite:
Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV)
sollen Leistungen der Ärzte einheitlich vergüten, können jedoch
auch Sonderregelungen vereinbaren. Die privaten Versicherungsunternehmen
(PKV) brauchen das nicht, sie können je eigene Boni verteilen;
sie dürfen zudem vielverdienende Angestellte, d.h. mit kontinuierlich
dreijährigem Einkommen oberhalb der Bemessungsgrenze, aufnehmen.
Die GKV soll sich als Arzneieinkäufer betätigen
und so günstigere Konditionen aushandeln, vorgegeben werden künftig
nur Höchstpreise für Arzneien. Gleiches gilt für Apotheker: Werden
nicht mindestens 500 Mio. Euro im nächsten Jahr dadurch eingespart,
müssen Apotheker - nicht die Pharmaindustrie - der GKV zwangsweise
Rabatt geben.
Jeweils 0,5 % der zugeteilten Mittel für GKV
und Krankenhäuser werden an die integrierte Versorgung gebunden;
Behandlung im Krankenhaus, eventuelle Übergangspflege bzw. Rehabilitation
und abschließende Versorgung durch niedergelassene Ärzte sollen
also besser kombiniert werden. Das Budget der Krankenhäuser wird
zudem um ein Prozent zu Gunsten der GKV gekürzt, die GKV übernimmt
künftig nur Kosten zertifizierter Rehabilitationsanbieter.
PKV-Kunden erhalten ein Wechselrecht zu anderen
Unternehmen. Zurzeit Nichtversicherte müssen von der PKV zu "bezahlbaren
Prämien" wieder aufgenommen werden – eine konkrete Vorgabe,
z.B. "zu GKV-Konditionen" hat der Gesetzgeber unterlassen.
Die PKV muss sich zudem an der "Primärprävention" beteiligen
– eine Konkretisierung durch den Gesetzgeber wurde ebenfalls vermieden.
Niedergelassene Ärzte sollen Leistungen landeseinheitlich
vergütet bekommen und zwar bis zur Deckung ihrer Fixkosten voll,
danach nur teilweise. – Über die praktische Umsetzung schweigt
sich der Gesetzgeber aus.
Die Verordnung besonders teurer spezieller Arzneien und perspektivisch
die Durchführung eben solcher Diagnosen und Therapien soll besonders
qualifizierten Ärzten vorbehalten werden. Die freie Arztwahl einschließlich
derer in Krankenhäusern und Klinikzentren soll jedoch erhalten
bleiben, die Bildung von "Schwerpunktpraxen" vermieden
werden. – Einen diesbezüglichen Zielkonflikt hat der Gesetzgeber
nicht formuliert.
Die GKV muss Kosten für neu zugelassene Arzneien
zumindest bis zur Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse übernehmen;
erfolgt keine eindeutige Bewertung des zuständigen Fachgremiums,
des Gemeinsamen Bundesausschusses, so müssen Kosten weiterhin
übernommen werden. "Auf Antrag" wird der medizinische
Zusatznutzen neuer Arzneien geprüft; so er festgestellt wird,
müssen die Preise zwischen GKV und Pharmaindustrie ausgehandelt
werden, es gelten also keine Festbeträge. (weiter
geht's hier)